In diesem Beitrag stelle ich alle Formeln zur pH-Wert Berechnung vor und erkläre die zugrundeliegenden Vereinfachungen, damit ihr wisst wann ihr welche der Formeln verwenden müsst.

Inhalt

Einleitung

Die hier präsentierte Formeln gehen von idealen Säuren aus, d.h. es wird mit Konzentrationen gerechnet und nicht mit Aktivitäten (eine kurze Einführung was mit Aktivität gemeint ist, findet ihr in meinem Beitrag: pH-Wert Berechnung 1: Einführung). Daher wird von dem idealen Zustand ausgegangen, was entsprechend zu Abweichungen vom tatsächlichen pH-Wert führen kann oder aber die Lösungen die man untersucht sind entsprechend so verdünnt, das sie sich ideal verhalten. Des weiteren gelten die hier präsentierten Formeln nur für einprotonige Säuren.

Um sich in der Formelsammlung zur pH-Wert Berechnung zu Recht zu finden, muss einem zunächst klar sein, dass sich aus den ganzen Formeln die in meinem Beitrag: pH-Wert Berechnung 1: Einführung gezeigt werden eine kubische Gleichung herleiten lässt, genannt die große pH-Formel. Diese ist leider nicht so ohne weiteres lösbar. Um die Berechnung zu erleichtern, sind Vereinfachungen gebräuchlich: 1. basierend auf der Säurestärke und 2. basierend auf der Konzentration. Diese Vereinfachungen finden entweder einzeln Verwendung oder aber werden kombiniert.

Vereinfachungen

1. basierend auf der Säurestärke

Die Grundidee bei der Säurestärke lässt sich am einfachsten an der Dissoziationsgleichung der Säure zeigen.

(1)

Dissoziationsgleichung der Säure

Wichtig ist, das wir den Zustand des Gleichgewichts betrachten, es zerfallen genauso viele Säuremoleküle (HA) in die Ionen (H3O+ + A) wie aus Ionen sich wieder Säuremoleküle bilden. Die Säurestärke gibt nun an, in welchen Verhältnis die linke Seite der Reaktionsgleichung zur rechten steht am Punkt des Gleichgewichts.

 

Starke Säuren (pKS-Wert ≤ -1,74)

Bei starken Säuren befindet sich das Gleichgewicht sehr stark auf der Seite der Ionen. Es bleibt also fast keine Säure mehr im undissoziierten Zustand. Die ganze Säure (HA) zerfällt vollständig in seine Ionen, wobei bei einprotonigen Säure für jedes HA ein H3O+ entsteht. Dies lässt sich mit Hilfe der Anfangskonzentration von HA ausdrücken.

(2) Vereinfachende Annahme für starke Säuren (basierend auf der Säurestärke)

Vereinfachende Annahme für starke Säuren (basierend auf der Säurestärke)

Das bedeutet also, die Konzentration der Oxonium-Ionen (H3O+), die wir für die Berechnung des pH-Werts brauchen, entspricht der Konzentration der eingesetzten Säure. Damit man c0 wirklich direkt in die Formel zur Berechnung des pH-Werts ensetzen darf, muss man noch eine weitere Annahme treffen und zwar, dass die Oxonium-Ionen, ausschliesslich aus der Säure und so gut wie keine aus der Eigendissoziation des Wassers stammen. Dies lässt sich mit Hilfe der Ladungsbilanz ausdrücken.

(3) Vereinfachende Annahme für starke Säuren (basierend auf der Konzentration)

Vereinfachende Annahme für starke Säuren (basierend auf der Konzentration)

Das bedeutet, dass die H3O+-Ionen, die bei der Dissoziation des Wassers entstehen würden, keine Rolle spielen und alle H3O+-Ionen aus der Dissoziation der Säure stammen. Dies ist immer der Fall, wenn die Menge H3O+-Ionen, die durch die Säure entstehen viel größer ist als die H3O+-Ionen die aus dem Wasser selbst stammen.

Sind beide Vereinfachungen erfüllt, lässt sich folgende Formel zur Berechnung des pH-Werts von starken einprotonigen Säuren aufstellen:

(4)

Formel zur Berechnung von starken einprotonigen Säuren

Die Herleitung der Formeln zur pH-Wert Berechnung von starken einprotonigen Säuren und eine Beispielrechnung findet ihr in meinem Beitrag pH-Wert Berechnung 3: starke einprotonige Säuren (pKS ≤ -1,74).

Wenn man sich nicht sicher ist über das Verhältnis zwischen H3O+-Ionen die aus der Säure stammen im Vergleich zu denen die aus der Dissoziation des Wassers stammen oder die Konzentration der Säure so gering ist, dass man die Eigendissoziation des Wassers nicht ignorieren darf, dann bleibt die Ladungsbilanz unverändert.

(5) Ladungsbilanz

Ladungsbilanz

Durch die Vereinfachung basierend auf der Säurestärke lässt sich eine quadratische Gleichung formulieren, die mit Hilfe der p-q-Formel zu folgender Formel gelöst werden kann:

(6)

pH \approx -lg(\frac{c_{0}}{2} + \sqrt{\frac{c_{0} \ ^2}{4}+ K_{W}})

Die Herleitung der Formeln zur pH-Wert Berechnung von starken einprotonigen Säuren und eine Beispielrechnung findet ihr auch in meinem Beitrag pH-Wert Berechnung 3: starke einprotonige Säuren (pKS ≤ -1,74).

 

Schwache Säuren (pKS-Wert > 4)

Bei schwachen Säuren befindet sich das Gleichgewicht sehr stark auf der Seite der undissoziierten Säure. Die Säure verbleibt also fast ausschliesslich im undissoziierten Zustand und es entsteht so gut wie keine H3O+. Die ganze Säure (HA) verbleibt in dieser, undissoziierten Form. Dies lässt sich ebenfalls mit Hilfe der Anfangskonzentration von HA ausdrücken.

(7) Vereinfachende Annahme für schwache Säuren (basierend auf der Säurestärke)
c_{0} \ \ \approx \ \ [HA]

Nimmt man weiterhin die Vereinfachung von Formel 3 an, dass die Eigendissoziation des Wassers für die Berechnung des pH-Werts keine Rolle spielt, dann ergibt sich folgende Formel zur Berechnung des pH-Werts für einprotonige schwache Säuren:

(8)

Formel zur Berechnung des pH-Werts für einprotonige schwache Säuren

Die Herleitung der Formeln zur pH-Wert Berechnung von schwachen einprotonigen Säuren und eine Beispielrechnung findet ihr in meinem Beitrag pH-Wert Berechnung 5: schwache einprotonige Säuren (pKS > 4).

Kann man die Eigendissoziation des Wassers nicht ignorieren, sei es weil die Konzentration der Säure zu gering ist oder die schwache Säure nicht ausreichend dissoziiert und die resultierende Oxonium-Ionen konzentration zu gering ist, dann bleibt wie bei den starken Säuren die Ladungsbilanz unverändert (s. Formel 5) und es ergibt sich folgende Formel.

(9)

pH \approx \frac{-lg \ (K_{S} \ \bullet \ c_{0} \ + \ K_{W} )}{2}

Die Herleitung der Formeln zur pH-Wert Berechnung von schwachen einprotonigen Säuren und eine Beispielrechnung findet ihr auch in meinem Beitrag pH-Wert Berechnung 5: schwache einprotonige Säuren (pKS > 4).

 

Mittelstarke Säuren (-1,74 < pKS ≤ 4)

Bei mittelstarken Säuren lässt sich keine Vereinfachung auf Grund der Säurestärke durchführen, einzige Möglichkeit die Berechnung von mittelstarken Säuren zu vereinfachen ist mit Hilfe der Konzentration. Wenn die Formel 3 gegeben ist, also die Oxonium-Ionen (H3O+) ausschliesslich aus der Dissoziation der Säure stammen, dann lässt sich eine quadratische Gleichung herleiten, die sich mit Hilfe der p-q-Formel zu folgender Formel umformen lässt.

(10)

pH \approx -lg \ (-\frac{K_{S}}{2} + \sqrt{\frac{K_{S} \ ^{2}}{4} + K_{S} \ \bullet \ c_{0}})

Die Herleitung der Formel zur pH-Wert Berechnung von mittleren Säuren und eine Beispielrechnung findet ihr auch in meinem Beitrag pH-Wert Berechnung 4: mittlere einprotonige Säuren (-1,74 < pKS ≤ 4).

 

2. basierend auf der Konzentration

Für die Konzentration gibt es zwei mögliche Vereinfachungen, die sich mit Hilfe der Ladungsbilanz ausdrücken lassen.

  1. Wenn die Oxonium-Ionen ausschliesslich aus der Säure stammen, dann vereinfacht sich die Ladungsbilanz (Formel 5) zu Formel 3. Die aus dieser Vereinfachung resultierenden Formeln zur pH-Wert Berechnung finden sich hier: starke Säuren (Formel 4), mittelstarke Säuren (Formel 10) und schwache Säuren (Formel 8).
  2. Wenn die Oxonium-Ionen ausschliesslich aus der Dissoziation des Wassers stammen, dann vereinfacht sich die Ladungsbilanz zu folgender Formel

(11)

[H_{3}O^{+}] \ \approx \ [OH^{-}]

Das bedeutet, dass der pH-Wert durch den pH-Wert des Wassers bestimmt wird. Das ist immer der Fall, wenn die Oxonium-Ionen-Konzentration der Säure eine Größenordnung kleiner ist als die Konzentration der Oxonium-Ionen, die aus der Dissoziation des Wassers entstehen, also < 10-7 mol/L. Sollte das der Fall sein, so kann man sich das Rechnen sparen, der pH-Wert entspricht dann dem pH-Wert des Wassers und der ist bei Standardbedingung (25°C) pH = 7.

 

Ohne Vereinfachungen

Wenn keine Vereinfachung möglich ist, weder mit Hilfe der Säurestärke noch mit Hilfe der Konzentration, dann bleibt nur noch die kubische Gleichung zu lösen.

(12) große pH-Formel

 

[H_{3}O^{+}] \ ^{3} \ + \ [H_{3}O^{+}] \ ^{2} \ \bullet \ K_{S} \ - \ [H_{3}O^{+}] \ \bullet \ (K_{W} \ + \ K_{S} \ \bullet \ c_{0}) \ - \ K_{S} \ \bullet \ K_{W} = 0

Die Herleitung der Formel findet ihr in meinem Beitrag pH-Wert Berechnung 6: Herleitung der großen pH-Formel.

In der Abb. 1 sind noch mal alle Formeln und die ihnen zu zugrundeliegenden Vereinfachungen zusammengefasst.

Formeln zur Berechnung des pH-Werts

Abb.1: Alle Formeln zur pH-Wert Berechnung und der ihnen zugrundeliegenden Vereinfachungen

Wer sich das ganze lieber in Form eines Videos zu Gemüte fügen mag, hier ist das Video.

 

Video: Formeln zur pH-Wert Berechnung

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