Die Oxidationszahl spiegelt den Oxidationszustand der Elemente und damit die tatsächliche oder theoretische Zunahme (= Reduktion – Oxidationszahl nimmt ab) und Abnahme (= Oxidation – Oxidationszahl nimmt zu) der Elektronen auf der Außenschale (Valenzelektronen) wieder (s. Abb. 1). Die Oxidationszahl gibt die hypothetische Ladung der Elemente wieder wie sie in einer ionischen Bindung vorliegen würden.

Inhalt

Nutzen der Oxidationszahl:

Die Oxidationszahl hilft zu erkennen ob es sich bei einer gegebenen chemischen Reaktion um eine Redoxreaktion handelt. Verändern sich die Oxidationszahlen von den Edukten (chemische Verbindung vor der Reaktion) zu den Produkten (chemische Verbindungen nach der Reaktion), dann handelt es sich um eine Redoxreaktion (Video 1 & 2). Sind sie dagegen identisch hat keine Redoxreaktion statt gefunden.

An Hand der Oxidationszahlen lässt sich auch erkennen, welches Element reduziert (Oxidationszahl sinkt – s. Abb. 1) und welches oxidiert (Oxidationszahl steigt – s. Abb. 1) wurde.

Das Bestimmen der Oxidationszahlen einer Verbindung entspricht dem nachträglichen nachvollziehen seiner Herstellung aus den Elementen im Urzustand, wie sie im Periodensystem stehen. Daher entspricht das allgemeine Vorgehen den Überlegungen die man anstellt um herauszufinden, welches Molekül entsteht (s. weiteres Video zur Verbindungs- und Oxidationszahlbestimmung).

Darstellung der Verknüpfung zwischen Elektronenkonfigurationsänderung, Ladung und Oxidationszahl

Abb. 1: Zeigt die Elektronen Aufnahme = Reduktion und Abgabe = Oxidation am Beispiel von Wasserstoff. Die Oxidationszahl gibt die Veränderung der Ladung vom Urzustand = 0 wieder, die der resultierenden Ladung aus der Summe aus positiven und negativen Ladung im Atom entspricht.

 

Regeln:

Für die Bestimmung der Oxidationszahl gibt es drei Regeln, die sich auf einzelne Elemente und zwei die sich auf das gesamte Molekül beziehen.

  1. Elemente wie sie im Periodensystem stehen (oder die nur mit sich selber reagieren) haben die Oxidationszahl = 0
    • Na, Fe, O2, N2, O3, S8, Cl2, He, Ne, …
  2. Bei geladenen Elementen (elementaren Ionen) entspricht die Ladung der Oxidationszahl
    • Fe3+ = +3, Cl = -1, H = -1, Ca2+ = +2, H+ = +1, …
  3. Bei kovalenten Bindungen werden dem Element mit der höheren Elektronegativität (EN) die Bindungselektronen zugerechnet.
    • Für jede Bindung wird das Element mit dem höheren EN-Wert um eins negativer und das Element mit dem niedrigeren EN-Wert um eins positiver. Bei Bindungen zwischen gleichen Elementen (s. 1.Regel) gibt es keine Veränderung.
  1. Die Summe aller Oxidationszahlen in einem ungeladenen Molekül ist = 0 oder bei einem ungeladenen Molekül sind die Summen (Σ) der positiven und der negativen Oxidationszahlen gleich groß.
    • HCN: H+1 C+2 N-3 Σ = 0, H2CO3: 2xH+1 C+4 3xO-2 Σ = 0, …
  2. Bei einem geladenen Molekül (Ion) ist die Summe der Oxidationszahlen = der Ladung des Moleküls
    • SO42-: Σ = -2, CO32-: Σ = -2, PO43-: Σ = -3, NH4+: Σ = +1, …
Allgemeines Vorgehen bei der Oxidationszahlbestimmung:

1. Bestimmung der EN-Werte/ Richtung der Oxidationszahl

Zunächst bestimmt man die Elektronegativität (EN) der verschiedenen Elemente in der Verbindung (Liste der EN-Werte). Das Element mit der höchsten Elektronegativität wurde reduziert und hat, weil es Elektronen aufgenommen hat, eine negative Oxidationszahl. Das Element mit der niedrigsten Elektronegativität wurde oxidiert und hat, weil sie Elektronen verloren hat, eine positive Oxidationszahl. Elemente, die mit Ihrer Elektronegativität in der Mitte liegen werden behandelt wie Elemente unter 3. Bestimmung der Oxidationszahl anderer Elemente.

2. Bestimmung der Oxidationszahl (1.-3. Periode)

Um die Anzahl der Elektronen und damit die Oxidationszahl zu bestimmen geht es darum zu verstehen, was die Elemente wollen. Die Elemente wollen Edelgaskonfiguration erlangen und damit eine volle Periode/Schale besitzen. Man zählt daher im Periodensystem einfach vom Element zum nächsten Edelgas. Für die Elemente mit positiver Oxidationszahl nach links zum Edelgas eine Periode höher und für die Elemente mit negativer Oxidationszahl nach rechts zum Edelgas in der selben Periode. Dieses Vorgehen funktioniert einwandfrei für die ersten drei Perioden.

3. Bestimmung der Oxidationszahl anderer Elemente (4. Periode und höher)

Vorsicht bei Elementen der Nebengruppe! (s. Oxidationszahl von Nebengruppenelementen)

Die empfehle ich im Ausschlussverfahren zu ermitteln. Dass heißt, ein ungeladenes Molekül hat insgesamt die Oxidationszahl 0 oder bei einem geladenen Molekül entspricht sie der Ladung (s. Regel 4 & 5). Wenn man also die Oxidationszahlen aller anderen Elemente bestimmt hat, dann bekommen die Nebengruppenelemente was übrig bleibt um die Gesamtoxidationszahl des Moleküls zu erreichen. Wichtig! Oxidationszahlen bewegen sich nur zwischen -4 und +8 solltet ihr Zahlen außerhalb von diesem Bereich erhalten ist etwas schief gelaufen.

Sollte das dennoch nicht reichen, so gibt es hier eine Liste:

Zeit für Beispiele:
Beispiele zur Oxidationszahlbestimmung

Abb. 2: Zeigt die Oxidationszahlbestimmung am Beispiel von Wasser: H2O, Wasserstoffperoxid: H2O2, Magnetit: Fe3O4, Cyanid: CN- und 3-hydroxy-2-keto-Buttersäure.

In Abb. 2 sind verschieden Beispiele zusehen bei denen die Oxidationszahl bestimmt wurde. Wichtig ist zu erwähnen, dass es keine gebrochenen Oxidationszahlen gibt, wie es im Beispiel von Magnetit zu sehen ist. Vielmehr versteckt sich dahinter die Kombination verschiedener Oxidationszahlen ein und desselben Elements in einem Molekül.

 

Hier das Video zur Oxidationszahlbestimmung:

Verteilung der Oxidationszahlen innerhalb einer Periode:

Ich habe es schon grob im Punkt allgemeines Vorgehen beschrieben woher die Oxidationszahlen kommen (oder zumindest steckt es da drin). Jetzt möchte ich einen detaillierteren Blick auf die Verteilung der Oxidationszahlen werfen und ihren Ursprung erläutern (s. Abb. 3).

Verteilung der Oxidationszahlen der Elemente des Periodensystems

Abb. 3: Zeigt die Oxidationszahlen der Elemente geordnet nach Perioden.

Wie man in Abb. 3 sehen kann gibt es Elemente die nur in einer Oxidationsstufe vorkommen, und andere die in vielen Oxidationsstufen vorkommen und es gibt nur Oxidationszahlen zwischen -4 – +8.

Zu Beginn der Periode (Bsp. 2. Periode) sind sie positiv, mit wenig Oxidationsstufen, mit jedem Element nimmt die Oxidationszahl um eins zu, bis man in der Mitte ankommt wo plötzlich positive und negative Oxidationszahlen im selben Element vorkommen und es viele verschiedene Oxidationsstufen gibt. Letztlich endet die Periode mit abnehmenden negativen Oxidationszahlen um dann beim Neon (Ne) auf 0 zu enden.

Diese Verteilung hängt von der Elektronegativität ab, sie nimmt innerhalb einer Periode von links nach rechts zu.

Niedrige Elektronegativität

Am Anfang einer Periode sind die Elemente schwach, wo durch sie in einer Verbindung ihre Valenzelektronen komplett verlieren. Sie erreichen dadurch Edelgaskonfiguration, weswegen sie nie mehr Elektronen verlieren als sie Valenzelektronen haben. Dadurch ergeben sich die Oxidationszahlen für Lithium von +1 mit einem Valenzelektron, Beryllium von +2 mit zwei Valenzelektronen und Bor von +3 mit drei Valenzelektronen.

Mittlere Elektronegativität

In der Mitte der Periode haben die Elemente auch eine mittlere Elektronegativität. Dadurch können sie sowohl von Elemente mit niedrigerer Elektronegativität Elektronen klauen und negativ werden oder von Elementen mit höherer Elektronegativität welche geklaut bekommen und positiv werden. Auch hier gilt, dass maximal Edelgaskonfiguration erreicht wird. Für den Kohlenstoff zum Beispiel an Position 4 innerhalb der Periode bedeutet das, dass er maximal seine 4 Valenzelektronen abgeben kann (Oxidationszahl von +4; Edelgaskonfiguration von Helium) oder 4 Elektronen aufnehmen kann (Oxidationszahl -4; Edelgaskonfiguration von Neon). Die vielen verschiedenen Oxidationsstufen ergeben sich aus Verbindungen in dem sie mit starken und schwachen Elementen gleichzeitig Verbindungen eingehen (s. Beispiel in Abb. 2 – 3-hydroxy-2-keto-Buttersäure).

Hohe Elektronegativität

Die Elemente mit hoher Elektronegativität klauen nur Elektronen und haben deshalb auch nur negative Oxidationszahlen. Aber ebenso wie bei den schwachen, klauen die Elemente mit hoher Elektronegativität nur so viele Elektronen bis sie Edelgaskonfiguration erreicht haben, also, nur so viele Elektronen bis die Schale/Periode voll ist. Daher ergibt sich für den Sauerstoff, dass Element mit der zweit höchsten Elektronegativität, eine minimale Oxidationszahl von -2 und für Fluor, dass Element mit der höchsten Elektronegativität eine minimale Oxidationszahl von -1. Fluor hat immer die Oxidationszahl -1 (außer es greift die erste Regel).

 

Vergleich der Perioden miteinander:

Mit der Zunahme der Periode nimmt die Elektronegativität weiter ab. Daher nimmt die Anzahl an Positiven Oxidationszahlen zu und auch die Anzahl an Oxidationsstufen pro Element am Ende einer Periode (s. Erklärung für mittlere Elektronegativität). Dass ist auch der Grund, weshalb die 7. Periode gar keine negativen Oxidationszahlen mehr aufweist. Die Elemente haben alle eine zu niedrige Elektronegativität um Elektronen klauen zu können.

 

Oxidationszahlen von Nebengruppenelemente:

Nebengruppenelemente sind schwierig zu verstehen. Hier bedarf es viel Vorwissen um die Oxidationszahlen vollständig zu begreifen. Wichtig ist, Nebengruppenelemente erreichen häufig nicht die Edelgaskonfiguration, hier gilt nicht die Oktett-Regel.

Das einfachste ist, die Oxidationszahlen in einer Liste nach zu sehen oder sie entsprechend für einen Test auswendig zu lernen.

Nach dem ich das gesagt habe versuch ich mich jetzt in einer Erklärung.

Um Nebengruppenelemente zu verstehen, bedarf es nicht nur der Elektronegativität, sondern man muss auch noch ihre Elektronenkonfiguration im Orbitalmodell und die Ligandenfeldtheorie verstehen.

Wem weder Elektronenkonfiguration noch Orbitalmodell (s. Video „Einführung ins Orbitalmodell 1, 2 & 3“) etwas sagt, schaut euch die entsprechenden Beiträge an. Zur Ligandenfeldtheorie habe ich leider bis jetzt noch nichts. Das muss ich irgendwann noch nachreichen.

Energetisch günstige Orbitalzustände (leer, halbvoll & voll)

Abb. 4: Darstellung energetisch günstiger Elektronenkonfigurationen der s- und p-Orbitale

In Nebengruppenelemente dominiert das Orbital als Basis zur Erreichung energetisch günstige Zustände. Nicht wie bisher die Edelgaskonfiguration, also die volle Periode oder Schale (für die ersten 2 Perioden identisch).

Das Ziel eines Atom ist es Orbitale möglichst leer, halbvoll oder ganz voll zu haben, welches die günstigen Zustände darstellen (s. Abb. 4).

In der Ligandenfeldtheorie geht es sehr vereinfacht darum, dass Liganden oder Bindungspartner einen Einfluss auf die Orbitale ausüben können, durch das so genannte Ligandenfeld. Wie sich das Feld auf die Orbitale auswirkt hängt zum einen von dem Element, das man betrachtet und zum anderen von der Art der Liganden ab. Den Einfluss, den so ein Ligandenfeld ausüben kann sehen wir in Abb. 5 wo sich das d-Orbital in zwei, hier das t2g und das eg, oder gegebenen falls in noch mehr Orbitale aufspalten kann. Dadurch ergeben sich energetisch günstige Zustände, die nur mit dem d-Orbital nicht erklärbar wären.

 

Aufsplittung des d-Orbitals in der Ligandenfeldtheorie

Abb. 5: Beispiel des Einflusses eines Ligandenfelds auf das d-Orbital

Bsp. Eisen:

Eisen hat die Elektronenkonfiguration:

Fe: [Ar] 3d6 4s2

Fe2+: [Ar] 3d6 – Bsp. vollbesetztes t2g-Orbital
Fe3+: [Ar] 3d5 – Bsp. halbvollbesetztes entartetes d-Orbital
Fe6+: [Ar] 3d2 – Bsp. halbvollbesetztes eg-Orbital

Ich hoffe ihr habt jetzt ein Gefühl dafür bekommen, was hinter den Oxidationszahlen der Nebengruppen steckt.

Wikipedia – Oxidationszahl – deen

2 thoughts on “Grundlagen der Chemie 4: Bestimmen der Oxidationszahl

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